Fehde Blutrache als Akt der Selbstjustiz

Gewalttaten stellten seit jeher einen Bruch des so genannten Landfriedens dar, der regional für Ordnung und Schutz dienen sollte. Die Schwierigkeit, diese Ruhe auch einzuhalten, lag zum einen in der fehlenden Exekutive und zum anderen im Gewohnheitsrecht aus frühmittelalterlicher Zeit.

Die Fehde war schon damals ein anerkanntes Verfahren, dass es einem Verletzten oder dessen Familie gestattete, Rache für eine Bluttat zu nehmen. Der Widerspruch lag aber nun darin, dass die auslösende Gewalttat mit dieser Rache negiert, mithin der Landfrieden wiederhergestellt werden sollte, aber mit diesen neuerlichen Fehden eine Kettenreaktion ausgelöst werden konnte. Schon aus dem Grunde, dass es ursprünglich keinerlei Rechtsmonopol von Staats wegen gab. Die Selbsthilfe erschien als das geeignetste Form, den Schaden wieder gut zu machen.

Bereits in karolingischer Zeit suchten die Herrscher das Fehdewesen einzudämmen, der hohe Blutzoll tat dem empfindlichen Gesellschaftswesen nicht gut. Die Könige stärkten die Stellung der Grafen, um jene durch Gerichtsverfahren solche Sühnen aussprechen zu lassen, die einen Frieden wiederherstellen konnten. Zudem wurden die so genannte Heimsuchung – gewaltsame Besetzung von Behausungen und deren Brandschatzung – verboten sowie bestimmte Gebäude und Örtlichkeiten zu Asylstätten erklärt.

Eine Eindämmung des Fehdewesens brachte die Beschränkung der Waffenfähigkeit auf bestimmte Bevölkerungsschichten mit sich. Vor allem ein Großteil der Bauern verlor das Waffenrecht. Die Landfriedensbewegung schränkte seit dem 12. Jh. die Fehde als Rechtsmittel auf die ritterliche Ebene ein. Ein Vorgang, der für die Hintersassen eines Fehde-führenden Ritters durchaus zum Nachteil, wenn nicht gar Sicherheitsrisiko werden konnte. Um die Fehde wenigstens halbwegs kontrollieren zu können, versuchten die Könige zumindest strenge Regeln für eine „rechte“ Fehde aufzustellen. Sie war mithin rechtzeitig anzukündigen und bestimmte Tage galten als fehdefrei.

Auch die Goldene Bulle (1356) versuchte, diese Entwicklung zu hemmen und den Landfrieden zu stärken. Der Reichslandfriede von 1235 war immer wieder erneuert – und gebrochen – worden. Selbst kleinere territoriale Einheiten verkündeten vergeblich einen Frieden auf ihrem Gebiet. Die Goldene Bulle legte nun ihrerseits strenge Regeln fest.

Das Reichsgesetz von 1495 über den „ewigen Landfrieden“ schaffte die Fehde als Rechtsmittel endgültig ab. Jede Zuwiderhandlung wurde seither als verbotene Eigenmächtigkeit der beteiligten Parteien angesehen. Doch auch dieses Gesetz brauchte lange, bis es tatsächlich durchgesetzt wurde – dies geschah erst in der ersten Hälfte des 16. Jh. durch die erstarkten Fürstenstaaten. Seit dieser Zeit wandelte sich auch der Sinn des Begriffs „Fehde“. Damit war nun eine politische Auseinandersetzung zwischen fürstlichen Häusern, wenn nicht gar Staaten gemeint. Als archaische Form der Selbsthilfe hat die Blutrache indes bis heute überlebt. Die „Vendetta“ (italienisch) ist noch immer in einigen europäischen Regionen üblich.

Literatur: Wilhelm Volkert; Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters; C.H.Beck; München; 1991;
Reinhard Elze und Konrad Repgen (Hrsg.); Studienbuch Geschichte, Band I; Klett-Cotta; Stuttgart; 1994

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