Trier Die älteste Stadt

Detailansicht der Porta Nigra - das ehemalige Nordtor der Stadt. © Schwarzenberger

„Vor Rom stand Trier eintausend und dreihundert Jahre“ behauptet eine mittelalterliche Handschrift am Roten Haus am Trierer Hauptmarkt. Die These ist gewagt, doch das damit verbundene Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr. Konstantin sei Dank.

Wem gebührt die Ehre?

Schon der Name der Stadt verweist auf seine römischen Wurzeln und damit auch auf das Geheimnis hinter der sonderbar langen Existenz: Augusta Treverorum. Augusta war der nach Erhabenheit klingende Beiname einiger römischer Stadtgründungen in den Provinzen. Treverorum verweist indes auf ein noch älteres Kulturzentrum der germanischen Treverer an der Mosel.

Tatsächlich lassen sich im Umfeld der Stadt Siedlungsspuren bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Mit einer „Stadt“ haben diese aber wenig zu tun. Auch das um 30 v.Chr. Gegründete Militärlager verdiente diesen Namen noch nicht. Um 16 v.Chr. schließlich bauten die Römer eine Siedlung und benannten sie nach dem in jener Zeit herrschenden Kaiser Augustus. Mit der Stadt nahmen die Römer das Gebiet der Treverer offiziell für sich in Anspruch.

Den offiziellen Titel „älteste Stadt Deutschlands“ gibt es jedoch nicht. Trier wirbt mit diesem schmückenden Emblem für sich. Doch auch Städte wie Kempten, Augsburg oder Bonn könnten den Titel für sich reklamieren. Die Frage ist: Wie definiert man „Stadt“? Am hitzigsten dürfte die Debatte von lokalpatriotisch beeinflussten Laienhistorikern geführt werden, die Wissenschaft hält sich bedeckt.

Phönix aus der Asche

Ob Trier nun die „Älteste“ ist oder nicht – der Bedeutung der Stadt schadet dies keineswegs. Allerdings dauerte es seine Zeit, bis aus dem Provinzstädtchen ein Ort mit Rang und Namen wurde. Im 2. Jahrhundert erlebte Trier seinen ersten Aufschwung als Handels- und Industriestadt. Um 275 zerstörten die Alamannen die Stadt. In dieser Zeit war Trier bereits Bischofssitz. Teile des heute zu bewundernden Doms stammen noch aus römischer Zeit.

Constantius Chlorus (der Blasse) ließ Trier wieder aufbauen. Constantius war illyrischer Herkunft und machte im Imperium Karriere. Kaiser Maximianus, ein Landsmann, adoptierte ihn 293, in den folgenden Jahren ging Constantius gegen Alamannen und Friesen vor. 305 wurde er schließlich zum Augustus der weströmischen Provinzen und machte Trier zu seiner Residenz. Und das blieb die Stadt zunächst auch unter seinem Sohn – Constantinus oder Konstantin der Große (Kaiser von 306 bis 337).

Stadt des Konstantin

Konstantin kämpfte mit Maximianus und anderen Konkurrenten um die Alleinherrschaft im Römischen Reich und besiegte schließlich Maxentius in der berühmten Schlacht an der Mulvischen Brücke bei Rom. In dieser Zeit und noch bis 326 blieb Trier die Hauptstadt – bis Konstantin Byzanz unter dem Namen Konstantinopel zur neuen Residenz bestimmte.

Aus der Zeit des 2.-4. Jahrhunderts sind heute noch viele Bauten erhalten. Berühmt ist die Porta Nigra (um 100), deren schwarze Farbe aber von modernen Abgasen stammte. Hell schimmerte das Nordtor einst in die Landschaft. Aus der gleichen Zeit stammt auch das Amphitheater, das vermutlich bis zu 20.000 Menschen Platz bot. Noch heute wird das Oval mit seinen mit Gras bewachsenen Wällen bespielt. Es liefert eine stimmige Kulisse für Theateraufführungen und Gladiatorenkämpfen während der Römertage in Trier.

Mitten in der Altstadt stehen die Überreste der antiken Kaiserthermen. Sie stammen aus der konstantinischen Zeit. Von dem einst 250 Meter langen prachtvollen Bau haben sich am eindrucksvollsten die Mauern des Caldariums (Warmbad) erhalten. Aber auch die unterirdischen Anlagen mit ihren langen Gängen und die Heizsystem bieten einen fantastischen Eindruck des Baus. Als Therme ist der Bau aber offenbar nie genutzt wurden, schon im 4. Jahrhundert waren hier Soldaten stationiert.

Gegenüber den Thermen steht das kurfürstliche Palais, das sich wiederum an die so genannte Konstantinsbasilika anlehnt. Ein wuchtiger Ziegelbau, der im 4. Jahrhundert zum kaiserlichen Palastkomplex gehörte und Konstantins Thronsaal barg. Im Mittelalter bekam der Trierer Bischof die Basilika als Schenkung.

Die älteste Kirche

Schon die spätrömische Zeit war in Trier mit dem Christentum verbunden. Hier entstand eines der ältesten Bistümer Deutschlands. Der Dom selbst steht auf spätrömischen Fundamenten. Den Grundstock seines heutigen Aussehens bekam der Sakralbau im 11. Jahrhundert. Im 13. Jahrhundert folgte der direkt daneben der Bau der Liebfrauenkirche. An ihrem Portal markieren Steinfiguren den Sieg der katholischen Kirche. Auf der rechten Seite des Eingangs ist eine weibliche Figur mit zerbrochenem Zepter und schiefer Krone zu sehen – die Synagoga, die das Alte Testament symbolisiert.

Die Liebfrauenkirche ist der älteste gotische Kirche Deutschlands. Ein Rekord, der nur vom Trier Dom selbst übertroffen wird – es gibt in Deutschland keinen älteren Kirchenbau. Zumindest dieser Punkt geht sicher an die Moselstadt. Der Legende nach hatte Konstantins Mutter Helena einen Teil ihres Palastes zu einer Kirche umbauen lassen.

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