Burg Wehrhafte Anlagen im Wandel der Zeit

Wer von einer Burg spricht, denkt gemeinhin an die wehrhafte Anlage mit rein militärischem Charakter, ein Bild, das im wesentlichen der spätmittelalterlichen Ritterburg entspricht. Tatsächlich hat sich Erscheinungsbild und Funktion durch die Jahrhunderte stetig entwickelt.

Schon die frühen germanischen und slawischen Stämme kannten so genannte Fluchtburgen – von Holzpalisaden umgebene Hügel – auf denen sie sich aus ihren Dörfern zurückzogen, wenn Feinde nahten. Diese Funktion zog sich bis ins 10. Jh. hinein. Burgen waren in jener Zeit großräumige Anlagen mit Erdwällen und Palisaden oder mit Steinmauern. Da sich in ihrer Nähe immer mehr Volk ansiedelte, bildeten die Burgen nicht selten den Ursprung von städtischen Entwicklungen – vergleichbar den Siedlungen, die sich aus römischen Kastellen entwickelten (Köln, Mainz).

Eine völlig andere Aufgabe hatten die Kaiserpfalzen, die in der karolingischen Zeit aufkamen. Sie dienten vor allem dem Aufenthalt des Königs und der Versorgung seines Hofstaats. Dabei fraßen Kaiser und Hofleute buchstäblich die Vorratskammern einer Pfalz leer, so dass der Kaiser ständig gezwungen war, von einer Pfalz zur nächsten zu ziehen. Neben einer repräsentativen Ausstattung waren die Pfalzen natürlich auch mit Wehranlagen ausgestattet.

Schon zu dieser Zeit nahmen die Könige das Recht in Anspruch, ihren Gefolgsleuten den Bau von eigenen Burgen zu genehmigen. Burgen waren von großer Bedeutung für die Herrschaftsausübung eines Grundherrn. Neben der Anlage von Städten gehörte demnach auch der Burgenbau zu den Königsrechten. Allerdings hatten vor allem die französischen Könige mit der Durchsetzung zu kämpfen, da hier der Adel im frühen und Hochmittelalter viel selbständiger agieren konnte als es im vergleichsweise starken frühen deutschen Kaisertum der Fall war. Dort war der Adel grundsätzlich in Vasallenabhängigkeit zum Kaiser, während in Frankreich die großen Fürsten ihrerseits Lehen vergaben. Verstärkt seit dem 12. Jh. baute der Adel seine festen Häuser burgartig aus. Die Burgherren gaben sich seit dieser Zeit sehr oft Namen nach ihrer Burg.

Der ritterlich lebende Adel festigte die Burg zwischen dem 12. und 14. Jh. als Mittelpunkt ihres Herrschaftsgebietes. Die Form der Wehranlagen entsprach jeweils der Militärtechnik. Im Hoch- und Spätmittelalter wurden Burgen an schwer zugänglichen Orten erbaut (Höhen- oder Wasserburgen). Die eigentliche Arbeit mussten die abhängigen Hintersassen verrichten. Eine gängige Herrenburg wehrte Feinde durch oft mehrgliedrige Mauern ab. So genannte Zwinger – Räume zwischen äußerer und innerer Burgmauer – konnten eingedrungenen Gegnern zur Falle werden. Türme und turmartige Wohnhäuser waren verbreitet. Je nach Finanzlage gestattete sich der Burgherr auch palastartige Wohnbauten mit repräsentativen Sälen. Kemenaten, also heizbare Zimmer, Kapellen und Wirtschaftsgebäude vervollständigten die Einrichtung.

Nach der Einführung des Schießpulvers in die Militärtechnik seit dem 14. Jahrhundert nahm die Bedeutung der Burgen immer mehr ab. Doch erst im 16. Jh. nahm die Kraft der Sprengmittel derart zu, dass Burgmauern und Bastionen nur wenig entgegenzusetzen hatten – das Ende der Burgenzeit.

Literatur: Wilhelm Volkert; Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters; C.H.Beck; München; 1991

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