Villa Borg Messe in römischer Villa

FotoStory
Abendstimmung am Herrenhaus der rekonstruierten römischen Villa Borg im Saarland. © Marcel Schwarzenberger

Das Saarland war einst tiefste römische Provinz. Die Villa Borg und die Internationale Reenactmentmesse IRM, mit ihrem Fokus auf römische Antike, passen schon aus diesem Grund hervorragend zusammen. Und wir besuchen ein berühmtes Mosaik.

1 Elegant zieht der Schwimmer seine Kreise im gemalten Wasser. Der Wandschmuck ist Teil der rekonstruierten Villa Borg im Saarland. Herrenhaus, Nebengebäude, Toranlage und Garten sind so aufgebaut, wie sie im 3. und 4. Jahrhundert ausgesehen haben könnten – zu der Zeit, in der das Latifundium seine größte Ausdehnung hatte. © Marcel Schwarzenberger
2 Eine Büste, gemalte Unterwasserwelten und ein Wasserbecken: Im Badetrakt der spätantiken Villa ließen es sich die Herrschaften gut gehen. Seit 1987 wird in Borg ausgegraben und rekonstruiert. Die Villa ist archäologisches Ausgrabungsgelände und Museum – und ein Tummelplatz für die Living History. im April 2011 fand dort die erste internationale Reenactmentmesse (IRM) statt; eine Zusammenarbeit zwischen Museumsleiterin Bettina Birkenhagen und Frank Wiesenberg. © Marcel Schwarzenberger
3 Ein Vorgeschmack auf einen weiteren Besuch; nur wenige Autominuten von der Villa Borg entfernt: In Nennig, gleich an der Luxemburger Grenze, haben Archäologen Reste eines weiteren Landguts ausgegraben. Das Bodenmosaik ist der beeindruckendste Überrest dieser Anlage. Aber dazu später mehr; kommen Sie jetzt mit auf Rundreise durch die Villa Borg. © Marcel Schwarzenberger
4 Die Römervilla Borg zählt zu den sogenannten Großvillen vom Axialtyp. Alle Gebäude sind auf eine Längsachse hin ausgerichtet, deren Ende das Herrenhaus markiert. Borg ist die am umfangreichsten rekonstruierte Anlage ihres Typs; besser noch: Sie gilt als Vollrekonstruktion. Lediglich die Wirtschaftsgebäude und Sklavenunterkünfte außerhalb des inneren Zirkels müssen noch erschlossen werden. Alle Besucher durchschreiten diese Toranlage. © Marcel Schwarzenberger
5 Toranlage der römischen Villa Borg von innen gesehen. Ein Ziergarten samt künstlichem Teich liegt zwischen Zugang und Herrenhaus sowie den flügelartig angeordneten Nebengebäude wie Bad oder Küche. © Marcel Schwarzenberger
6 Die Villa wurde in situ rekonstruiert; sie steht also exakt an der Stelle wie ihr historisches Vorbild. Etliche Überreste fanden im Museum ihren Platz. Vor allem aber rekonstruierten die Archäologen die typische Bauweise eines provinzialrömischen Landguts. © Marcel Schwarzenberger
7 Viele Wege können die Besucher gehen; viele Möglichkeiten der Erholung nutzen – vom Wandelgang bis hin zum Gasthaus, das heute in einem der Wirtschaftstrakte untergebracht ist und auch romanische Genüsse anbietet. Und an Tagen, wenn die Reenactors das Gelände nutzen – wie zur IRM – bekommt das Publikum auch gewandete Besucher zu Gesicht. Legionäre in ihrer Ziviltracht zum Beispiel. © Marcel Schwarzenberger
8 Gut 30 Aussteller holten die Organisatoren zur IRM nach Borg. Malerisch passten sich die Stände dem römischen Ambiente an. Die Handwerker mit ihren Repliken, originalgetreuen Materialien und Geräten fanden durchaus ungewöhnliche Orte vor. So wie Jens Neumann und Andrea Wagner, die mit Silberkram und WirWeben in einem der Baderäume ihre Waren ausbreiteten. © Marcel Schwarzenberger
9 Nachgebaute Gladiatorenhelme und passendes Zubehör am Stand von Historical Reproductions (GDFB). Und wir befinden uns noch immer – natürlich – im Badetrakt der Villa Borg. Im Ruheraum nämlich. © Marcel Schwarzenberger
10 Sanft schaut diese Dame von ihrem Statuensockel auf das Geschehen unter ihr. Auch diese Replik einer alten Skulptur steht noch in einem der Baderäume. In diesem Raum aber wird es keltisch. Die europäische Keltengruppe Eporedia hat sich hier niedergelassen. © Marcel Schwarzenberger
11 Keltendarstellerin Karin Wolmeringer (Eporedia) in selbstgefertigter Kleidung nach Funden aus der Latènezeit. Drechselarbeiten, Bronzeguss, Textilarbeiten und Töpferkunst zeigen die Mitglieder aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien. © Marcel Schwarzenberger
12 Detailansicht der Ausstattung von Karin Wolmeringer (Eporedia). Sie trägt zu ihrer keltischen Kleidung auch diese kleine Gewandfibel. Stücke wie dieses sind oft das i-Tüpfelchen der Ausrüstung von Living-History-Darstellern. Es lohnt sich, als Besucher auch mal genauer hinzuschauen bei den Akteuren. Oft wissen sie wahre Fundgeschichten über so manches scheinbar unscheinbare Kleidungsdetail zu berichten. Diese Fibel steht zudem noch für das Netzwerken der Darsteller untereinander – das Schmuckstück stammt aus der Werkstatt von Christian Frey (AG Historisches Handwerk), der ebenfalls bei der IRM ausstellt. © Marcel Schwarzenberger
13 Ein Gang, der um das Herrenhaus herumführt und Heimstatt für so manchen archäologischen Überrest der römischen Villa ist. Auch architektonische Details wie die Dacheindeckung mit den typischen roten Ziegeln wird hier anschaulich gemacht. © Marcel Schwarzenberger
14 Während der IRM avancierte der Umgang zur Handwerkermeile der besonderen Art. Die Steinzeitwerkstatt baute hier ihre Waren auf, Andreas Helfert war mit Schildrohlingen vom Reenactment-Bedarf dabei und auch die Keramik-Galerie Friedberg. Von der Steinzeit bis zum frühen Mittelalter reichte das Zeitspektrum der angereisten Handwerker. Museumsleute, Reenactors und ganz normale Geschichtsfans schauten sich während der IRM um. © Marcel Schwarzenberger
15 Repliken der AG Historisches Handwerk in ihrem Zelt im Freigelände der Villa. Wer durch das Tor zum Herrenhaus ging, kam unweigerlich am Stand des sympathischen Zusammenschlusses aus dem süddeutschen Raum vorbei. Ihr Angebot ergänzt sich perfekt, wie diese kleine frühmittelalterliche Replikenschau zeigt. Das Ensemble aus Salzstreuer (Mitte), Messer, Sax, Scheide, Gürteltasche und Glasperlenkette verweist zu den Franken. © Marcel Schwarzenberger
16 Selbständig in ihrer jeweiligen Profession, aber zur IRM als AG Historisches Handwerk dabei (von links): Christian Frey (Fibelschmiede), Jürgen “Schorsch” Graßler (Schmied), Maria Baumann (Perlenreplikate) und Florian Peteranderl (Archaeopedi). Nicht im Bild Oliver “Aulus” Aumüller (Ledermanufaktur). © Marcel Schwarzenberger
17 Repliken römischer Dolchscheiden von Erik König (Aurificina Treverica). Königs Karriere als Produzent von Zwillingsstücken historischer Funde begann vor etlichen Jahren als Darsteller. Er war Mitglied einer Römergruppe und brauchte eine tauschierte Scheide für seinen Soldatendolch. Weil es damals noch keinen Markt für solche Repliken gab, stellte König kurzerhand sein eigenes Werkstück her (rechts im Bild). Dieses Ur-Stück zeigt er noch heute gern; inzwischen haben seine Fertigkeiten zugenommen. Links im Bild ist eine moderne Dolchscheide aus seiner Werkstatt zu sehen. © Marcel Schwarzenberger
18 Natürlich stellt Erik König nicht mehr nur Scheiden für Messer her, mögen sie auch noch so kunstvoll tauschiert sein. Gladii, Ausrüstungen für den römischen Legionärsalltag und viel Schmuck prägen das Angebot der Trierer Werkstatt, die Erik und Ira König gemeinsam betreiben. Zu ihren Schmuckstücken kann Ira König oft auch eine besondere Fundgeschichte erzählen. © Marcel Schwarzenberger
19 Für das erste Mal waren mit gut 30 Ausstellern erfreulich viele Akteure bei der IRM unterwegs. Vergleichbare und seit Jahren etablierte Messen für Reenactors in England oder Frankreich kommen auf ein Vielfaches an Ausstellern. Aber auch das Angebot in der Villa Borg ist nur auf den ersten Blick übersichtlich. Wer mit den Handwerkern ins Gespräch kommen sowie Waren und Fertigkeiten begutachten will, braucht Zeit und langen Atem. Aus einem geplanten Tag sind bei mir fast zwei geworden. Zwischendrin lässt sich die römische Villa in vollen Zügen genießen. Wie dieses Spiegelbild des Herrenhauses am Teich. © Marcel Schwarzenberger
20 Abendstimmung in der Villa Borg. Nur selten schnappt ein Fisch an der Oberfläche des Teiches; ruhig räkeln sich die beiden Figuren am Teichrand in der Abendsonne. Der Hintergrund unseres Bildes zeigt einen Wirtschaftstrakt der Villa. Zur IRM machte Veranstalter Frank Wiesenberg einen Saal darin zum Vortragsraum über römisches Glas – gefolgt von einem kulinarischen Happening … © Marcel Schwarzenberger
21 … Römer verköstigt Germanen! Dieses schöne Aufeinandertreffen von Darstellern so gegensätzlicher Kulturen ist der Abschluss einer kleinen Rundreise durch die römische Küche von Edgar Comes, der zur Römergruppe Milites Bedenses gehört. Seine Lagerküche ist in der Szene legendär, der Pulseintopf ein Genuss. Dass Comes ein römisches Kochbuch schreiben würde, war nur eine Frage der Zeit. Tatsächlich gibt es inzwischen das “Römer Kochbuch” im Felix Verlag. © Marcel Schwarzenberger
22 Wandel der Jahreszeiten; auch in der Gartenanlage der Villa Borg ist er zu beobachten. Auch die Gutsfamilie versorgte sich mit Küchenkräutern und Blumen aus dem eigenen Garten. Wie eine solche Anlage ausgesehen haben könnte, haben die Museumsleute versucht, nachzustellen. © Marcel Schwarzenberger
23 Stefan von der Heide (links), alias Meister Knieriem ist in der Mittelalterszene für sein Schuhwerk bekannt. Zur IRM in Borg brachte er aber eine Kollektion handgefertigter Replikate römischer Fußbekleidung mit. Die Originale entstammen archäologischen Fundstätten quer durch Europa. © Marcel Schwarzenberger
24 Produktpalette von Eifelpfeil: Inhaber Michael Kieweg ist traditioneller Bogenschütze – und baut die Geräte auch selbst. Und er hat wie viele Handwerker aus seiner Leidenschaft heraus den Weg zur Geschichte gefunden. Skythische oder böotische Bögen und Zubehör baut er in seiner Werkstatt in der Eifel selbst. Seine Stücke, sagt Kieweg, seien Versuche, dem Original möglichst nahe zu kommen. Immerhin müssen viele Aketure mit vergleichsweise geringen Fundresten auskommen. Manchmal, und das trifft auch für so manchen Kiewegschen Bogen zu, gibt es nur eine zeitgenössische Vasenmalerei als Vorlage. Diese Grenzen des Authentischen nachzuvollziehen, möglichst genau zu recherchieren und daraus resultierende Lücken bei der Rekonstruktion auch darzustellen – das macht die Qualität guter Handwerker aus. © Marcel Schwarzenberger
25 Dieser bärtige Mann hängt geduldig in einem großen Saal der Villa Borg. Frank Wiesenberg hat diese maskuline Glasreplik zur IRM mitgebracht. Er ist nicht nur Initiator der Messe, sondern auch Mitbegründer des Netzwerks römischer Vicus. Dort tritt Wiesenberg mit verschiedenen Fertigkeiten auf. Römische Glasproduktion ist eine Leidenschaft von ihm. In der Villa Borg präsentierte er ein Sortiment der Roman Glassmakers aus England. © Marcel Schwarzenberger
26 Abendkulisse im Bistro der Villa Borg. Für Gesellschaften ist die gastronomische Einrichtung buchbar – wie übrigens auch das voll funktionstaugliche Bad der rekonstruierten Villa. Ich habe am ersten Abend der IRM einfach das Zusammensitzen genossen; Zeit für Gespräche. © Marcel Schwarzenberger
27 Szenenwechsel. Dieses Hinweisschild hängt an einem Torbogen in Nennig, dessen Zufahrt zu einer weiteren Römervilla führt. Die römische Villa Nennig ist vom gleichen Bautyp wie die Anlage in Borg. Nur wenige Autominuten trennen beide Anlagen. Doch sind dort ganz unterschiedliche Dinge zu erleben. © Marcel Schwarzenberger
28 Auf den ersten Blick ist keine Villa zu sehen. Flache Ruinenreste von Mauern und Säulen markieren den Bereich des Herrensitzes. Der wahre Schatz verbirgt sich in diesem modernen Schutzbau. © Marcel Schwarzenberger
29 Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Reste der Villa entdeckt. Lange glaubten die Wissenschaftler, es mit einem besonderen Luxusbau zu tun zu haben – wegen des kostbaren Bodenmosaiks, das der Schutzbau heute birgt. Freilich gehört die Anlage zu einem grundherrschaftlichen Anwesen. Aber ihr Stil war keineswegs ungewöhnlich; viele Latifundien-Eigentümer leisteten sich repräsentative Elemente in ihren privaten Gemächern. © Marcel Schwarzenberger
30 Das Bodenmosaik aus dem 3. nachchristlichen Jahrhundert gehört zu den bedeutendsten Kunstwerken dieser Epoche, die wir heute kennen. Dieser antike Mosaikboden schmückte ursprünglich die Empfangshalle der Villa und ist noch heute am authentischen Standort zu besichtigen. Allein dieser Anblick lohnt die Anreise, wenn man schon mal in der Villa Borg ist. © Marcel Schwarzenberger
31 Der Hausherr, der dieses Mosaik in Auftrag gab, muss ein Fan der Arena gewesen sein. Das Mosaik bietet zahlreiche Bildfelder mit Szenen aus dem Gladiatorenwesen der Römer. Das zeigten bereits die Kämpfer (siehe oben), aber auch diese Musiker hier deuten auf Kampfspiele hin: Oft traten Musiker mit einer Wasserorgel und dem großen Horn, dem Cornu, gemeinsam in der Arena auf und boten die Hintergrundmusik zum dramatischen Auftritt der Kombattanten. Abbildungen wie diese inspirierten auch Musikarchäologen zum Nachbau antiker Instrumente. © Marcel Schwarzenberger
32 Rund 160 Quadratmeter misst der Mosaikboden zu Nennig; er gilt damit als größtes Mosaik aus römischer Zeit nördlich der Alpen, das bis heute erhalten ist. Sieben Bildfelder enthält das prachtvoll ausgestaltete Bild, darunter auch diese Tierhatz mit einem verwundeten Leoparden. In seiner Gesamtheit bietet das Bild einen imposanten, aber auch grausigen Blick auf die Spektakel in den Amüsierbetrieben der römischen Welt. © Marcel Schwarzenberger

1 Kommentare

  1. Nach vielen stimmungsvollen Bildern (vielen Dank, Marcel!) ein ganz kurzer Hinweis in eigener Sache: Wer eine kleine Reenactmentmesse als guten Anlaß sieht, das einmalige Ambiente der Römischen Villa Borg belebt zu erfahren und sich in langen Fachgespächen verlieren möchte, hat nun eine neue Chance:

    Am 31.03. und 1.04.2012 findet in der Villa Borg die 2. Internationale Reenactmentmesse IRM2012 statt.

    Wir freuen uns auf zahlreichen Besuch!

    Für das IRM-Team,
    Frank Wiesenberg.

    25. Januar 2012, 09:01 Uhr • Melden?

Ihr Kommentar zum Artikel „Messe in römischer Villa“


Sie sind angemeldet als

abmelden