Ausstellung Imperium Romanum – Baden-Württembergs römisches Erbe

Vermutlich im Jahr 351 n.Chr. ging das römische Kastell Castrum Rauracense (heute Kaiseraugst in der Schweiz, nahe der Grenze zu Baden-Württemberg) in Flammen auf. Alamannische Krieger fegten im jahrelangen Krieg die Reste der römischen Besatzung am Oberrhein hinweg. In Ihrer Panik verscharrten die Römer reiche Silberschätze im Untergrund des Kastells. Den berühmten Silberschatz von Kaiseraugst gruben Bauarbeiter durch Zufall am 27. Dezember 1961 aus. Das bedeutende Ensemble ist Teil der reich bestückten baden-württembergischen Landesausstellung „Imperium Romanum – Die Spätantike am Oberrhein“. Sie beginnt am 22. Oktober im Karlsruher Schloss. Teil eins der Ausstellung, die sich mit den römischen Provinzen an Neckar, Rhein und Donau befasst, läuft bereits in Stuttgart.

Kein Weltenende – Die Spätantike am Oberrhein

Baden-Württemberg hat das Jahr 2005 zum Römerjahr erkoren. Die Region gehörte einst zum Grenzgebiet des römischen Imperiums und erlebte die ersten Vorzeichen auf dem Weg zur christlich geprägten Spätantike. Und das Land hat ein gutes Stück des Limes aufzuweisen – der seit diesem Jahr zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Viele Gründe also, um die Epoche vom 3. bis zum 6. Jh. näher zu beleuchten.

Das Ziel der Ausstellungsmacher ließe sich so formulieren: Erstmals soll die Spätantike der römischen Nordprovinzen als eine einmalige Epoche präsentiert werden, die neue kulturelle Blüten hervorbrachte. Zeitgenossen betrachteten den Zusammenbruch des Imperiums als Chaos. Chronisten beklagten den Verfall der Sitten und Kirchenvater Ambrosius schrieb um 390 u.Z.: „Das Ende der Welt hat uns erreicht.“ Genau das Bild sei parteiisch und stimme mit der Wirklichkeit nicht überein, meinen die Wissenschaftler heute. Die Ausstellung soll das überlieferte Bild korrigieren. Zumal die Romanisierung der „Barbaren“ schon lange vor dem Sturm auf den Limes begann. Eine düstere Stunde Null, aus der in Blut und Chaos die frühmittelalterliche Welt erstand, hat es nie gegeben. „Zu Recht kann die Spätantike als spannungsvolle und kulturell fruchtbare Epoche bestehen“, bilanziert Professor Harald Siebenmorgen, Karlsruher Museumsdirektor und Projektleiter.

Und so geben die rund 500 Objekte der Sonderausstellung gewissermaßen Zeugnis ab vom multikulturellen Miteinander zwischen Rom und den einheimischen Stämmen. Die meisten Stücke, darunter der sagenhafte Silberhort von Kaiseraugst, sind erstmals in dieser Kombination zu sehen – Leihgaben namhafter Museen machten es möglich. In acht Themenwelten werden Lebensbereich wie Handel, Wirtschaft, Militär, Bestattungskultur und die Entwicklung des frühen Christentums aufbereitet. Ausstellungsstücke wie Schmuck, kostbare Glaspokale, Alltagskeramik oder Grabsteine werden durch Animationen und Modelle ergänzt, die frische archäologische Erkenntnisse transportieren.

Alle Sinne ansprechen – das wollen die Museumspädagogen mit dem Begleitprogramm erreichen: Audioführungen, Weinverkostungen (Römische Weinprobe am 18. November), Modenschauen, römische Gerichte und schließlich die Römer-Nacht am 28. Januar 2006. Von 19 Uhr bis ein Uhr nachts erwecken römische Händler, Legionäre und Alamannen das Museum zu neuem Leben.

Aktueller Blick – auf Roms Provinzen

50 Jahre Erforschung der römischen Fundstätten Baden-Württembergs – das ist die Quintessenz der bereits seit 1. Oktober laufenden Ausstellung „Imperium Romanum – Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau“. Die Schau des Archäologischen Landesmuseums in Stuttgart ist das Pendant zur Karlsruher Ausstellung. Sie bietet die Grundlage für das Verstehen der Auflösungsprozesse am Ende des römischen Imperiums. Rund 800 römische Fundkomplexe haben die Wissenschaftler dafür aufbereitet.

Die früheste Darstellung eines Schwaben kommt aus Oberitalien. Der Germane Vitalis vom Stamm der Neckarsueben starb vor 2000 Jahren in Fiesole. Sein Grabstein samt eingemeißeltem Antlitz ist nun ebenfalls in Stuttgart zu sehen. Restaurierte Wandmalereien römischer Villen, Wandverputzreste des Mithräums von Güglingen und 3000 weitere Objekte haben die Macher zusammengetragen. Sie sind häufig die Ausbeute aus so genannten Rettungsgrabungen der Archäologen. Das Projekt bietet damit den aktuellsten Blick auf die römische Geschichte der Region, den Wissenschaftler gewähren können. Und: „Die Ausstellung vermittelt ein Gesamtbild der römischen Besiedlungsgeschichte Südwestdeutschlands“, betont Professor Dieter Planck, Direktor des Archäologischen Landesmuseums.

An Begleitprogrammen mangelt es auch in Stuttgart nicht. Vor allem an den Wochenenden tummeln sich Akteure und Darstellergruppen im Kunstgebäude am Schlossplatz. Sie präsentieren als Living-History-Einlagen römische, keltische, alamannische und germanische Themen. Besucher können sich von einer „Keltin“, einer „römischen Ärztin“ oder von einem „Legionär“ durch die Räume führen lassen. Und wer schon immer mal wissen wollte, wie römische Spezialitäten wie Seeigelschaumsuppe oder karamellisierte Maronen schmecken, ist hier ebenfalls gut aufgehoben.

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