Montalbâne Rauschendes Fest des Minnesangs

Einmal im Jahr gibt es ein Event, bei dem Alte Musik der unterschiedlichsten Kulturen ein besonderes Stelldichein feiert: Montalbâne. Zum 16. Mal organisiert das Europäische Musik- und Kulturzentrum Schloss Goseck in Freyburg das Ereignis.

Feinsinniges Programm

Minnesang, Theatralisches um einen gewissen „Artus“, feierliche Messen und griechisch-byzantinische Musik aus Italien – Montalbâne wartet von Freitag bis Sonntag, 23. bis 25. Juni, mit einer faszinierenden Konzertmischung auf. Und feine Locations gibt es noch dazu, findet ein Teil der Konzerte doch im hochmittelalterlichen Schlosshof der Neuenburg, hoch über Freyburg/Unstrut in Sachsen-Anhalt, statt. Die Neuenburg war einst Machtzentrum der Thüringer Landgrafen.
Den Auftakt bildet am Freitagabend das österreichische Ensemble „Unicorn“. Die Wiener Musiker sind auf dem Festival längst keine Unbekannten mehr, ihre schwungvollen Arrangements von Tanzliedern des 14. Jahrhunderts oder Marienlieder aus dem hochmittelalterlichen Spanien. In diesem Jahr will die Gruppe ihre Spielfreude mit höfischem Minnegesang beiderseits der Alpen unter Beweis stellen.

Wie eng die Beziehungen innerhalb der „kleinen Szene“ für Alte Musik ist (meint Cheforganisator Sebastian Pank) zeigt folgendes Beispiel: „Unicorn“ arbeitete mehrfach mit den deutschen Kollegen von „Oni Wytars“ an gemeinsamen CD-Produktionen. Und auch diese 1983 gegründete Gruppierung tritt in Freyburg auf die Bühne – zum Mitternachtskonzert (Freitag). Gute Musik zur späten Stunde, und das in geschichtsträchtiger Kulisse; diese Atmosphäre sorgt seit Jahren bei den Festivalfans für pure Begeisterung. Die Erwartungen an die Musiker sind hoch. Und „Oni Wytars“ begegnen dem mit Adaptionen rund um das Nibelungenlied. „Von Helden, Heiden und Heiligen“ heißt das Programm der Gruppe, die sich mit ihren musikalischen Brücken zwischen Orient und Okzident einen Namen gemacht hat.
Es gibt noch mehr „Beziehungskisten“: „Oni Wytars“ treten am Sonnabend noch einmal auf, diesmal im Verbund mit dem freien Theater „Narrattak“. Die umtriebigen Schauspieler sind in vielen Zeiten zu Hause, so auch im alten italienischen Stegreiftheater. In Freyburg schlagen sie ganz neue Seiten auf und probieren sich an der Figur des Ulrich von Liechtenstein und dessen zuweilen komischen Kampf um die hohe Minne. Der Sänger zog angeblich im 13. Jahrhundert einmal als „Venus“ verkleidet und einmal als „Artus“ zu ritterlichen Turnieren. Packende und skurrile Szenen um den Minnesänger präsentieren Theater- und Musikensemble.

Insgesamt zehn Ensembles bieten den erwarteten rund 2500 Zuschauen ein Musikprogramm – unplugged natürlich. Was sie eint, ist ein gewisser Hang zum Traditionalismus. Wer in Freyburg auftritt, hat als ernsthafter Künstler seine Hausaufgaben längst gemacht. Hier wird nicht auf Trommeln gedroschen, sondern den musikalischen Überlieferungen nachgespürt. Aber nicht steril und langweilig, betont Organisator Pank. „Wir wollen lebendige Musik, wo auch wirklich der Funke überspringt.“ Die Fans kommen inzwischen seit 16 Jahren mit nicht nachlassender Begeisterung.

Von den Anfängen

Alles in allem gibt es heute im deutschsprachigen lediglich eine Handvoll Festivals für Alte Musik. Montalbâne verdankt seinen Ursprung der Neugier einiger Leipziger Musiker der Gruppierung „Ioculatores“. Auch Sebastian Pank und die künstlerische Leiterin, Susanne Ansorg, gehören dazu.
Entstanden aus der in der DDR sehr lebendigen Volkstanzszene (wo der Folk, nicht „Volksmusik“ eine Hauptrolle spielte) richteten die „Ioculatores“ ihre Fühler nach dem Mauerfall schnell auf die internationale Musikszene aus. Das Herz der Leipziger schlug für die eher stillen traditionellen Stücke, die besser in Kirchen denn auf Mittelaltermärkte passen. Die Kontakte waren schnell geknüpft, und 1991 hoben die Musiker das Musikfestival Montalbâne aus der Taufe. Seit einigen Jahren leitet das Musikzentrum auf Schloss Goseck (Pank ist dessen Vorsitzender) die Geschicke des Events. Den Namen liehen sich die Macher von der Burg des Eneas, die Heinrich von Veldeke in seinem 1185 vollendeten Roman beschreibt. Und hier schließt sich der Kreis zur Neuenburg. In jener Zeit war ihr Herr der Pfalzgraf Hermann I. – der Gönner eben jenes Heinrichs

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